„Ein Kampf für die Juden“: Das neue Schauspiel „Bielski“ auf der Freiburger Experimentalbühne.

 

Eindringliches Anti-Kriegs-Plädoyer: Das historische Drama „Bielski – Der Freiheit ein Stück näher“ auf der Freiburger Experimentalbühne im E-Werk.

 

„Die Hoffnung auf Leben starb in derselben Zeit wie die Angst vor dem Tod“, skandieren sie im Chor auf der fast dunklen Freiburger Experimentalbühne, drei blutrote Spots zeigen ihre Silhouetten hinter kreisrunden Gazerahmen wie doppelte Scherenschnitte. Ein starker Prolog für das historische Drama „Bielski – Der Freiheit ein Stück näher“, das die Geschichte der gleichnamigen jüdischen Brüder erzählt. Sie kämpften während des Zweiten Weltkriegs als Partisanen im polnischen Naliboki-Wald gegen die Nazis, befreiten dabei rund 1200 Menschen aus den umliegenden Ghettos und versteckten sie in ihrem „Jerusalem der Wälder“. Werkstätten, Krankenstation, Schule und Synagoge, ja, sogar einen Frisör gab es dort…

Ein unglaublicher und weitgehend unbekannter Stoff, der lediglich einmal in den USA verfilmt wurde und 2008 als nicht unumstrittener „Action-Holocaustfilm“ mit Daniel Graig in die Kinos kam. Der heute 21-jährige Schauspielschüler Finnegan Melchior stolperte zufällig während seines Geschichts-Abiturs über die Bielski-Brüder und war sofort fasziniert. Jetzt feierte sein über knapp zwei Stunden fesselndes Stück die Uraufführung, mit vielen Tränen und Standing Ovations.

Dabei setzt Melchior auch als Regisseur auf radikale Reduktion mit sparsamer, aber intensiver Licht- und Sounddramaturgie (Bo Niklas Müller): Nichts als eine Kiste und ab und an ein Menora-Leuchter stehen auf der Bühne, schnellgeschnittene Szenen treiben die Handlung wie Splitter eines Kaleidoskops voran, fokussieren Schlüsselmomente, ohne dass der rote Faden verlorengeht.

Ein Spiel mit viel Verve und Dynamik

Es beginnt 1940 – die drei Getreidemühle-Söhne Tuvia, Asael und Zus (Jonas Müller, Paul Willmann, Samuel Schmollinger) sind als stolze und rauflustige Hitzköpfe bekannt und gefürchtet, die nichts auf sich sitzen lassen, schon gar keinen Antisemitismus. Mit der deutschen Besatzung flüchten sie in die Wälder, der Vater stirbt, Zus Frau und Kind werden erschossen. Und dann gibt es da noch Chaja (Hanna Gasser), eine glühende Revolutionärin, die über berührende und auch sehr komische Umwege schließlich mit dem sanften Asael zusammen kommt. Überhaupt hat das Stück anfangs auch Witz, mit viel Verve und Dynamik spielen die Schauspielstudierenden im dritten Jahr ihre Figuren. Bewegende Dialoge, poetische Texte und Lieder kreieren dabei einen ganz eigenen Sound, lassen tief eintauchen Konflikte, unterschiedliche Positionen und Visionen.

Vor allem in die Schrecken des Krieges und seine Deformationen: Während Tuvia verzweifelt versucht möglichst viele Menschen zu retten, überfällt und tötet Zus auf seinem Rachefeldzug die umliegenden Bauern, Asael treibt die Angst, sein kleines Waldglück zu verlieren. Seine neugeborene Tochter wird am Ende zum Symbol der Hoffnung. Denn „es war nie ein Kampf gegen die Nazis. Es war ein Kampf für die Juden“. Großer Stoff, hier als eindringliches Anti-Kriegs-Plädoyer auf die Bühne gebracht. 

(Marion Klötzer, BZ 21.05.2025)

Aufführungen: 23., 24., 30. und 31. Mai, jeweils um 20 Uhr, am 25.5. um 18 Uhr in der Experimentalbühne Freiburg. E-Werk. Karten: 0761/381 191